Mittlerweile jährt sich die politische
Wende auch in Rumänien zum 20.Mal. Mit dem Zusammenbruch des
kommunistischen Regimes im Dezember 1989 und der Öffnung der
Grenzen konnte die Welt von den zahlreichen verlassenen und verwahrlosten
Kindern erfahren,die sich in unzähligen rumänischen Heimen
befanden.Geradezu zu einem Symbol der systematischen Verwahrlosung
wurde das in Cighid entdeckte Heim,wo über 100 Kinder in Schmutz,
Kot und Elendsprich wörtlich dahinvegetierten. Die erschütternden
Nachrichten lösten viele spontane Hilfsaktionen aus, die zunächst
vor allem in Form materieller Hilfe erfolgten, während in den
folgenden Jahren etliche Hilfsvereine gegründet wurden,die
- wie auch wir ab1993 - dann vor Ort in Rumänien tätig
geworden sind. Ein weiteres - diesmal 10jähriges - Jubiläum
stellt die Gründung unserer rumänischen Stiftung „LuminitaCopiilor“
im Winter 1999 im rumänischen Sighisoara/Schäßburg
dar.
Nach unserem mehrjährigen Engagement für verlassene Kinder
in Ghimbav bei Brasov/ Kronstadt, zusammen mit einem Hilfsverein
aus der Schweiz, mussten wir im Sommer 1999 im Schäßburger
Kinderkrankenhaus feststellen,dass es auch zehn Jahre nach dem politischen
Umbruch in Rumänien noch immer Einrichtungen gab, in denen
verlassene Kinder unter menschenunwürdigen Umständen aufwuchsen.
Zwar waren hier die äußeren Lebensbedingungen gegeben
- die Kinder wurden ernährt, minimal medizinisch versorgt und
hatten warme Aufenthaltsräume - es gab jedoch niemanden, der
sich ihnen als Mensch annahm, ihnen Liebe,Aufmerksamkeit und Zuwendung
schenkte. Bei zahlreichen Kindern führte der totale Entzug
menschlicher Zuneigung in den so wichtigen ersten Lebensjahren zu
bleibenden psychischen Schädigungen, die in manchen Fällen
- wie bei unseren Pflegekindern Melinda, Roxana und Adina - zu dauerhaften
Behin-derungen führten.
Unser Heidelberger Verein hat sich daraufhin durchdie neugegründete
Stiftung den Kindern aus dem Schäßburger Kinderkrankenhaus
angenommen und recht schnell ca. fünfzehn von ihnen an rumänischePflegefamilien
vermittelt. Heute können wir glücklicherweise feststellen,
dass diese Maßnahme ein voller Erfolg war. Unsere 17 Pflegekinder
leben in ihrer ursprünglichen Pflegefamilie, wo sie nach neun
Jahren als richtige Familienmitglieder integriert sind, den Kindergarten
oder die Schule besuchen und mittlerweile erste Teenagererfahrungen
machen.Parallel dazu konnten sie in unserem Stiftungshaus mit Hilfe
deutscher und rumänischer Therapeutinnen und Psychologen ihre
Entwicklungsdefizite ausgleichen.
Da die monatlichen Zahlungen an die Pflegeeltern erhebliche finanzielle
Mittel erfordern, suchten wir eine weitere Möglichkeit, weitaus
mehr Kindern sinnvoll, aber kostengünstiger zu helfen.So entstand
2005 unser Schulförderungsprojekt für arme Romakinder.
Zwar handelt es sich dabei zumeist nicht um verlassene Kinder, so
gut wie alle Romakinder stammen jedoch aus kinderreichen und unter
ärmsten Verhältnissen lebenden Familien, in denen oftmals
beide Elternteile Analphabeten sind und sich der Vater, wenn überhaupt,
als Tagelöhner durchschlägt.
Seit 3 Jahren stellen wir unsere Räume der Stadt
Schäßburg für den Unterricht behinderter Kinder
zurVerfügung. Sowohl unsere behinderten Pflegekinder als auch
Kinder aus Schäßburg und Umgebung werden durch Pädagoginnen
gefördert, die vom rumänischen Staat bezahlt werden.
Wir als kleiner Verein können nur das Wesentliche
leisten: die Vermittlung von Bildung und Bildungschancen, eines
Mindestmaßes an Hygienebewusstsein und Hygienemöglichkeiten
und das Angebot von Freizeit- und Gemeinschaftsaktivitäten,
die es den Kindern ermöglicht, ihrem perspektivlosen Umfeld
zu entfliehen. In unserer Stiftung erhalten diese Kinder Nachhilfeunterricht
und Hausaufga-benbetreuung, je nach Bedarf halten unsere beiden
Pädagoginnen auch engen Kontakt mit den Schulen, welche die
Kinder besuchen. Unser Sozialarbeiter ist dazu da, Konflikte im
familiären Umfeld zu lösen, Hilfestellungen im Umgang
mit den Behörden zu geben und sinnvolle Freizeitaktivitäten
zu organisieren.
Für den täglichen Betrieb unserer Schäßburger
Projekte sind wir monatlich auf ca.6.000,- -7000,- € für
Personalkosten und Sachmittel angewiesen. Bereits in den vergangenen
Jahren haben wir uns verstärkt bemüht, finanzielle Unterstützung
von dem rumänischen Staat, der örtlichen Gemeinde und
der rumänischen Gemeinschaft zu erhalten. Erste Erfolgsansätze
sind erkennbar, rund zehn Prozent unserer Ausgaben können mittlerweile
durch rumänische Spenden und sonstige Zuwendungen gedeckt werden.
Unser langfristiges Ziel, in Schäßburg
ein selbsttragendes Projekt aufzubauen, ist aber auch nach zehn
Jahren in weiter Ferne. Der durchaus überraschende EU-Beitritt
Rumäniens im Januar 2007 ging einher mit der Bereitstellung
von Fördermitteln in zwei und dreistelliger Millionenhöhe
und machte uns Hoffnungen auf neue Möglichkeiten und große
Schritte in unsererArbeit. Mittlerweile müssen wir aber enttäuscht
feststellen, dass der größte Teil der vorhandenen Mittel
nicht abgerufen werden kann, weil eine der wesentlichen Bedingungen,
um als Verein oder Stiftung von der EU eine Projektfinanzierung
zu erhalten, ein staatlicher rumänischer Kooperationspartner
ist und hier der rumänische Staat sich bisher als unfähig
erwiesen hat, seine Aufgabe zu erfüllen.
Unser Stiftungshaus in Schäßburg
Das entmutigt uns nicht,mit unserer Arbeit in Rumänien
weiter zu machen; als Ansporn dient uns neben den Erfolgen und den
glücklichen Kindern vor Ort nicht zuletzt die Bereitschaft
der Mehrheit unserer Spender und Unterstützer, uns auch nach
nunmehr zehn Jahren und trotz des EU-Beitritts Rumäniens mit
ihren regelmäßigen Zuwendungen ihr Vertrauen in unsere
Arbeit zu erweisen.
Hierfür möchten wir Ihnen - auch im Namen
der von uns unterstützten Pflege- und Sozialkinder und unserer
rumänischen Angestellten - ausdrücklich und herzlich danken.
Alex Toma, Schatzmeister
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Schon lange war es mein Wunsch gewesen,die von mir unterstützten
Pflegekinder und - eltern einmal kennenzulernen.Als ich die Bekanntschaft
einer Kollegin machte, die einige Zeit in Rumänien gelebt
hatte und die Sprache beherrschte, wagte ich die Reise.Wir fuhren
mit dem Zug über Budapest und von dort über Nacht nach
Schässburg. Am Bahnhof wurden wir von Camelia Nicolau abgeholt
und mit einem Frühstück in der wunderschönen Laube
willkommen geheißen.
Am nächsten Nachmittag brachte sie uns dann in das Dorf,
in dem die Familie mit den beiden Kindern lebt. Das Ältere
der Kinder ist geistig behindert. Wir wurden erwartet und auf
ganz herzliche Weise empfangen. Adina hängte sich gleich
in meinen Arm ein, wollte natürlich wissen, ob ich etwas
mitgebracht hatte und blieb dann ganz ruhig und vernünftig
die ganze Zeit bei uns sitzen, während Laura, die Jüngere,
Bilder für uns malte, die sie uns mitgab. Dazu wurden wir
reich bewirtet und erfuhren viel über die Unterschiedlichkeit
der beiden Kinder, ihre Eigenheiten und Schwierigkeiten. Bewundernswert
fand ich die Aufmerksamkeit und Ruhe der beiden Pflegeltern.
Überhaupt scheint für mich das Gebäude der Stiftung
eine ganz besondere Atmosphäre zu haben. Es ist direkt an
einer der großen, lebendigen Zufahrts- und Einkaufsstraßen
gelegen, die zur Ober- und Altstadt von Schässburg führt.
Sobald man aber durch das große Tor tritt, fühlt man
sich in einer ganz anderen, ruhigeren Welt mit viel Grün
und gackernden Hühnern aus den Nachbargärten. Die Räume
für Unterricht und Therapie sind einfach, aber liebevoll
mit viel hellen Farben gestaltet, sodass man sich gut vorstellen
kann, dass Kinder hier gerne sind und die Freundlichkeit der Atmosphäre
ihnen gut tut.
Leider konnten wir, da Ferien waren, nichts von den eigentlichen
Aktivitäten im Haus selbst mitbekommen, trafen aber einige
der Mitarbeiter und waren von ihre rHerzlichkeit und Hilfsbereitschaft
beeindruckt. Die kleine Zweizimmerwohnung ist wunderschön;im
Garten kann man sich herrlich erholen.
Schässburg selbst hat mittelalterliches Gepräge,einige
Renaissance- und Barockbauten und ist noch nicht ganz vom Touristenstrom
überlaufen. Die nähere Umgebung bietet einiges mit den
Wehrkirchen von Birthälm(Biserica), Kreisd (Saschiz) und
Deutsch-Weißkirch (Viscri). Außerdem gibt es Zug-
und Busverbindungen zu Hermannstadt und Kronstadt.Und mit Deutsch
und Englisch kommt man gut durch!
Christine Schönnagel
August 2009
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